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Mineralien, Fossilien und Gesteine

Spessart 

„Im Wald da sind die Räuber...“ 

Wer kennt diesen Ohrwurm nicht. Eine kleine „räuberische“ Zeitspanne von rd. 200 Jahren genügte, um den „Räuberwald“ mit seinen „Spessarträubern“, einen unverkennbaren Stempel aufzudrücken. Die von reichen Waldbeständen und von ehemaliger Armut geprägten Lebensbedingungen eignete sich hervorragend für dieses Klischee, das im übrigen auch touristisch gerne bedient wird.

„Der Spessart ist ein wunderbarer Wald und drin erzählt man seltsame Geschichten“

(ALEXANDER KAUFMANN. Mainsagen. 1853)

Landschaft

„Er zog weiter, und als er drei Tage gegangen war, so kam er in einen Wald, der noch größer war als die vorigen und gar kein Ende nehmen wollte, … Da stieg er auf einen hohen Baum, ob er da oben des Waldes Ende sehen möchte, aber so weit sein Auge reichte, sah er nichts als die Gipfel der Bäume.“ 

(aus Grimm´schen Märchen. Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein.1819).


Der „Spechtswald“ („Bergwald“ - der „dichte und beschwerliche Wald“) mit seinen Traubeneichen (Qualitätsfurniere) und Buchen ist eingerahmt durch die Flüsse Main („der nassen Grenze des Limes“), Kinzig und Sinn. 

„Kinzig, Sinn und Main schließen den Spessart ein“

Geteilt wird er in den Vor(der/er)spessart , Hochspessart („Innerer Spessart“) und Hinterspessart. Er gehört zum großen Teil zu Bayern, der kleinere Teil gehört zu Hessen - hier an der „Appel-Apfel-Grenze“ (Eselsweg). Weiter wird der Spessart untergliedert in das Mainviereck (Lohr-Wertheim-Miltenberg-Aschaffenburg), die Landkreise Aschaffenburg, Main-Spessart (Miltenberg) und in Hessen der Main-Kinzig-Kreis (etwas Baden-Württemberg ist im Main-Tauber-Kreis - je nach Definition - auch noch dabei). (Untermainebene-Meerholzer Bergland-Vorderer Spessart-SW Sandsteinspessart-SE Sandsteinspessart-N Sandsteinspessart-Schlüchterner Becken nach (MEYNEN& SCHMITTHÜLSEN et. al. 1955)

Geologie

Geologisch sind es 2 Hauptbereiche die den Spessart ausmachen: Der Sandsteinspessart (SE-N-SW)  und der Kristalline Spessart (Kristalliner Vorspessart)

Inselbögen bilden in Franken den Rahmen für die im Kambrium bis in den Silur hinein im Meer abgelagerten Sedimente (Sand- und Tonschichten). Sie sind auch verantwortlich für den Kalk der Riffe der Vorzeit im Rheic-Ozean (Rheischer Ozean). Vulkanische Aktivitäten lassen Lava und Tuffe entstehen. Im Inneren des „Old Red Kontinents“ wurden im Ordovicium-Silur  ebenfalls mächtige Sedimente abgelagert. Am Ende des Silur und Anfang des Devon lassen Magmen Granite entstehen und es erscheinen die ersten Landpflanzen (Schließung des Rheic-Ozeans). Das variskische Gebirge entstand (Mitteldeutsche Kristallinschwelle zwischen Saxothuringikum und Rhenoherzynikum) und drückte die Sedimente in tiefe Bereiche und erwärmte sie (600-650℃/6-8 kbar) im Rahmen der Metamorphose wurden aus den Sand-,Ton- und Kalkschichten, Graniten und Basalten neue Gesteine: Quarzite, Gneise, Glimmerschiefer, Amphibolite und  Marmor - das metamorphe Grundgebirge. Im Karbon drangen in diese metamorphen Gesteine nochmals Magmen ein und bildeten Diorite - die Ganggesteine folgten: Die Lamprophyre. 

Es folgte wieder eine lange festländische Zeit. In den Ebenen vor dem variskischen Gebirge breiteten sich riesige Wälder aus die die Steinkohlehorizonte des Ruhrgebiets erzeugten - getrennt in Flöz und dazwischenliegenden Resten des variskischen Gebirges. 

Vulkanische Aktivitäten in der Endphase dieser Gebirgsbildung lassen an der Wende Karbon-Perm saure Magmen aufsteigen und explosive Vulkane entstanden. Aufsteigende Schmelzen füllten die entstandenen NW-SE Störungszonen - die Rhyolithe kristallisierten. Die Rotliegendsedimente des Perm lagerten sich ab und durch die geschlossene Landmasse entstand im Inneren ein Becken mit wüstenhaften Bedingungen. 

Eine tiefgründige Zersetzung folgte und nach der permokarbonischen Eiszeit lagerten sich in einem flachen Meer das von N kam die Zechsteinsedimente ab. In diesem sauerstoffarmen Meer bildete sich der Kupferschiefer (-letten) auf den ein Teil des Bergbaus des Spessart fußt. Zechsteindolomit, Evaporite (Salz- und Anhydritlagen - Kalisalze bei Fulda) entstanden. Bad Orb begründet hierauf seine Existenz.

Nach dem Rückzug des Meeres trat eine Verkarstung ein und der „Bröckelschiefer“ beendete die Zeit des Zechstein.

In der Trias lagerten sich festländische Sedimente in der europäischen „Sahara-Lage“ ab, die tw. von der Rheinischen Insel, aber überwiegend vom Vindelizischen Land über mäandrierende Flüsse kamen. Das flache Land wurde leicht wieder vom Meer überspült - Schichtfluten brachten toniges Material - Kalke mit Wellenrippel entstanden, und das „Handtier“  (Chirotherium) zog seine Kreise. Über 500 m Ablagerungen des Buntsandsteins folgten, rot gefärbt durch Hämatit, um danach durch Kalkschichten von Süden her überlagert zu werden - der Muschelkalk setzte sich ab. Der Keuper folgte und whs. auch noch der unterste Jura - 30º N von „Kairo“.

In der Zeit des Jura und der Kreide war der Spessart Abtragungsgebiet und durch die mit tektonischen Ereignissen einhergehende Öffnung des Atlantiks drangen hydrothermale Lösungen (160 Mio.) mit Erzen, Baryt u.a. in die Spalten der Gesteine ein (Die hydrothermalen Lösungen im Rhyolith von Sailauf drangen vor 158-98 Mio. ein). Die einsetzende Metasomatose in den Dolomiten verwandelt den Dolomit in Siderit, der im Tertiär zu Eisenmineralien oxidierte. Auch Manganoxide/hydroxide entstanden. Die Alpenbildung war im Gange und in einem Maarsee entstand in eozänen Tonschiefer („Ölschiefer“) eine Fossilfundstelle mit Weltruf: Die Grube Messel (wenige km entfernt vom Spessart)

Im Oligozän/Miozän (30 Mio.) war ein Meerblick noch möglich. Vulkanische Aktivitäten, wie in vielen Teilen Frankens und der Oberpfalz, schufen lokale Ergussgesteine: Phonolith, Basalt, Nephelinit und Tuffe. Pliozäne Braunkohlelager (Oberpliozän) entstanden am Untermain mit einer artenreichen Fauna aus Nashörnern, Pferden Tigern, Leoparden u.v.a.

Bergbau 

„auf den Hund gekommen“ 

(Krummhälserarbeit)

Der Spessart in der Naturräumlichen Großregion Odenwald, Spessart, Süd-Rhön beherbergt den größten zusammenhängenden Laubmischwald. Die „Erdriesenberge“ wurden in der Jungsteinzeit und in einer 2. „Welle“ im 12/13 Jhd. besiedelt. Der ehemalige Jagd- und Bannwald der Mainzer Erzbischöfe- und des Hochstifts Würzburg war geprägt durch die Holznutzung: Die „Schwarzamseln“ (Köhler) schufen mit der Herstellung der Holzkohle die Voraussetzung für den Bergbau und die Glas- und Spiegelproduktion. Auf Tone wurde für die Irdenware der Hafner abgebaut. 

„Wenn die Natur ihr offenbares Geheimnis zu enthüllen anfängt, der empfindet eine unwiderstehliche Sehnsucht nach ihrer würdigsten Auslegerin, der Kunst.“ 

(GOETHE. Maximen und Reflexionen, Aus Kunst und Altertum 1823). 

Gewonnen wurde der Zechsteinkalk/dolomit, Eisen-, Manganerzlager und Kupferschiefer wurden abgebaut. Barytlagerstätten wurden bis 1972 noch gefördert. Zahlreiche Eisenhämmer wie der „Höllenhammer“ erzeugten Waren und sind heute als Weltunternehmen unterwegs.

„…Vielleicht nicht ohne besonderen Zusammenhang ist es, dass sich an verschiedenen Punkten im Umfange des Spessarts sehr vollkommene Zwerge finden, und es dürfte nicht zufällig sein, dass in den Spessart-Sagen die Zwerge häufig erwähnt werden.“ 

(RUDOLF VIRCHOW)

Die „Krummhälserarbeit“ in den niedrigen Gängen des Bergbaues brauchte Zwergwüchsige oder Kinder (Die 7 Zwerge und Schneewittchen lassen grüssen). 

„Spieglein, Spieglein an der Wand,….“

„Willst du, daß wir mit hinein

In das Haus dich bauen,

Laß es dir gefallen, Stein,

Daß wir dich behauen.“

(Friedrich Rückert.)

Der Natursteinabbau, vor allem des Buntsandstein, war seit jeher eine der Hauptzweige der Montanunternehmungen. Die Erzvorkommen waren eher eine „soziale Komponente“ und bei der Hoffnung auf den Schatz der Frau Holle („Aaleborgfraale“) zu treffen blieb es, auch wenn die Grimm´schen Brüder, zumindest im Märchen, auf Berge aus Gold und Silber stießen. 

Berühmte Dichter wie Karl Immermann, Joseph Christian von Zedlitz, Wilhelm Hauff, Alexander Kaufmann beschäftigten sich mit dem Gemüt des Volkes und der Volksheld und Wilderer Johann Adam Hasenstab tat ein übriges dazu. Personen wie Franz Ludwig Cancrin, Cäsar von Leonhard, Hugo Bücking, Hans Thürach, Siegfried Matthes, Winfried Weinelt beschäftigten sich mit den Steinen des Spessart. 

In der Mineralogie wurde der Spessart bei den „Falschspielern“, der Granat-Gruppe, verewigt: Dem Spessartin (gefunden vom russischen Reisenden Fürst GALLITZIN 1795 Aschaffenburg. H. KLAPROTH erbrachte den Mangan Nachweis: „Manganèse en forme Granat“ (Granatförmiges Braunsteinerz, de KLAPROTH. - „Braunstein-Kiesel“ de Mr. KARSTEN. „Spessartine“ Francois Sulpice BEUDANT (1832/52). Und in der Geologie (Felsenkunde-Petrographie) wurde der Spessart im Spessartit verewigt, ein Lamprophyr-Kersantit. 

Literatur:

(Eines der umfassenden Bücher und unbedingt empfehlenswert über den Spessart ist ohne Zweifel das Buch Spessartsteine - Spessartin, Spessartit und Buntsandstein - eine umfassende Geologie und Mineralogie des Spessart. Joachim Lorenz et.al.. 2010. ISBN-Nr: 978-3-00-031788-0).


Mit einem herzlichen Gruß aus dem Spessart und dessen schönsten Geotopen.


LINKS:

www.naturpark-spessart.de

Naturkundemuseum Aschaffenburg

www.Spessartmuseum.de

www.spessartit.de


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